Mittwoch, 4. Oktober 2017

Aufgeräumt mit den Mythen

Die extravagante Mohrenkopfzeichnung in der Zucht
Es gibt wohl kaum einen Züchter, der sich so lange und intensiv mit der Zucht der Eulenbarthühner mit Mohrenkopfzeichnung beschäftigt hat wie Gerold Kellermann. In seinem Beitrag zur Zucht dieser ausgesprochenen Raritäten lässt er uns teilhaben an den Erfahrungen und den wertvollen Erkenntnissen die er bisher sammeln konnte.

Spitzenzüchter und Rassegruppenobmann für Eulenbarthühner Gerold Kellermann
Die im 15. Jahrhundert erstmals erwähnten Eulenbarthühner blicken auf ein langes Hühnerleben zurück. Auf die, bei dieser Rasse einzigartige Farbgebung der extravaganten Mohrenkopfzeichnung, möchte ich hier näher eingehen. Im Speziellen die weißen Mohrenköpfe. Aktuell sind die Farbenschläge Mohrenkopf weiß, goldbraun und blau anerkannt. Die, im Mutterland Holland, in Arbeit befindliche Variante der Mohrenköpfe in zitron, gibt es auch schon bei uns. Viele Mythen über die sicher nicht einfache Vererbung halten sich bis heute und sind -man kann es kaum glauben- bis zum jetzigen Zeitpunkt noch fest im gültigen Rassestandard verankert. Der Passus „können auf Dauer nicht reingezogen werden“, muss nach meiner Zuchterfahrung ersatzlos aus dem Standard gestrichen werden.  

Durch die lange Zuchterfahrung meinerseits mit den Möhrenköpfen in goldbraun seit 1994 sowie weiß ab 2010, hat sich die Zucht mit den besten Zeichnungstieren als die zuverlässigste Verpaarungsvariante herausgestellt.

Wie sagte schon unser leider viel zu früh verstorbene Fritz Schöne in Bezug auf die blaue Farbe der Hühner: „Die besten Blauen fallen aus reinen Blauen.“ Diesen Grundsatz kann ich nur unterstreichen und in Bezug auf die Mohrenköpfe jedem Züchter raten, sich auf keine Glücksspiele in der Zucht einzulassen. Die Idee einer Ausgleichsverpaarung mit dunklem, überzeichneten Hahn sowie aufgehellten, fast weißen Hennen, oder die Gegenvariante mit Hahn hell und Henne dunkel, führt über die Jahre gesehen nie zum Ziel, auch wenn dieses Vererbungsschema in einschlägigen Fachbüchern als das Allheilmittel angepriesen wird. Vielmehr ist mit dieser Zuchtmethode ein Scheitern vorprogrammiert, was nur zu oft auch eine Zuchtaufgabe nach sich zieht. Damit tut man niemanden einen Gefallen, schon gar nicht den Tieren selbst. Mit ihrem kecken und zutraulichen Wesen, gepaart mit viel Vitalität, hätten sie trotz der engen Zuchtlinien, eine viel größere Verbreitung verdient. Das Potenzial haben sie allemal. Ein Traum für jeden Züchter ist sicher ein rassiger Stamm Mohrenköpfe. Ihn zu besitzen bedeutet schon ein großes Privileg dieser einzigartigen Zeichnungsspezies.

Die Zuchtzusammenstellung
Nun aber genug der Werbung, jetzt geht es zum harten Alltagsgeschäft. Im Speziellen zur Zuchtzusammenstellung. Jeder ernsthafte Züchter, der sich für solche Exklusivitäten entscheidet, braucht ein dickes Fell und Durchhaltevermögen. Ohne diese Eigenschaften wird es garantiert keine lange Liaison. Ein etwas größerer Stall für den Nachwuchs sollte bereitstehen. So um die 50 Jungtiere müssen es schon sein, um auch einige Ausstellungstiere zu erzielen. Nach oben natürlich keine Grenzen. Danach kann bei entsprechender Fachkenntnis relativ zügig sortiert werden. Anhand der Färbung des Flaumgefieders sortiere ich, ganz entgegen anderslautender Meinungen, schon in etwa die Hälfte der Jungtiere in den ersten Lebenstagen.

Die drei Varianten der Mohrenkopfküken. Links zu hell, mittig zu dunkel, rechts ein passendes Tier
Alle infragekommenden Farbnuancen. Diese Tiere sollten behalten werden, da sie potentielle Ausstellungstiere werden könnten
Bei der Abgabe solcher „Sortierten“ bekomme ich immer wieder positive Rückmeldungen, was den Wuchs bzw. Legeleistungen betrifft. Bei ca. 50 Jungtieren muss auch niemand um eine Überbevölkerung besorgt sein. Es bleiben bei dieser Stückzahl bestimmt keine 10 Tiere für die Schausaison übrig. 3-5 ordentliche Tiere sind durchaus im Rahmen des Möglichen. Die Feinheit und Rassigkeit kristallisiert sich, wie bei anderen Farbschlägen, erst nach der letzten Mauser wieder. Was in die Ausstellungskäfige oder später in der Zucht eingesetzt wird, sollte schon dem Namensgebenden dunklen/schwarzen Kopf vorweisen. Graue, blaue oder nur schemenhafte Kopfzeichnungen sind hier auszuschließen. Alle hier aufgeführten Forderungen sind in erster Linie auf die Hennen bezogen.

Von links: erstes und zweites Tier etwas hell in der Kopffarbe. Tier drei und vier mit mustergültiger Kopfzeichnung

Drittes Tier von links mit reichlich Überzeichnung im Mantelgefieder

Das Farbschema der Hähne ist etwas anders gelagert. 
Wird bei den Hennen der Kopf mit dem Federwechsel dunkler, geht es im Hahnengefieder gerade in die andere Richtung. Junghähne mit teils satter Kopf-, Bart- und Oberhalsfarbe, hellen nach dem letzten Federwechsel meist deutlich auf. Bleibt ein graumelierter Bart, ist es für mich immer noch ein sg-Tier. Für die Zucht ist eine intensive Jungtierzeichnung von großen Wert. Kein Zuchthahn, ganz gleich wie sich die letzte Feder zeigt, findet ohne satte Kopfzeichnung im Junggefiederstadium Einlass im Zuchtstamm. Selbstverständlich gibt es auch die Ausnahmen. Aber, um es vorweg zu nehmen, diese sind sehr dünn gesät. Wenige behalten nach dem Federwechsel nahezu ihre Farbintensität und sind natürlich in der Zucht vorzuziehen. Im Übrigen ist gerade bei der Mohrenkopfzeichnung der Hahn das Zünglein an der Waage. Ein guter Vererber ist nicht leicht zu finden. Diesbezüglich sollte möglichst ein zweiter Hahn in der Zucht eingesetzt werden. Ich handhabe es folgendermaßen: In der ersten Brutrunde wird ein erprobter Althahn eingestellt. Im zweiten Brutdurchgang ein, nach dem Phänotyp, aussichtsreicher Junghahn verwendet. Den Genotyp können wir leider erst bei der Nachzucht feststellen. Außerdem halte ich bis zu vier Jahren an einem guten Merkmalsüberträger fest. Hier gilt das alte Sprichwort: „Es kommt selten was Besseres nach.“ Muss nach ein paar Jahren mal Fremdblut zugeführt werden, geschieht es in Form eines unterzeichneten silber-schwarz getupften Hahnes. Die Ansprüche sind möglichst wenig Tupfen, aber ein dunkler Kopf. Auch der längere und aufwendigere Weg über die Zuhilfenahme der Lakenfelder ist möglich. Drei Jahre sind einzurechnen bis wieder Ausstellungstiere anfallen. Bei dieser Farbvariante ist auch von dem bei vielen praktizierten jährlichen Hahnenwechsel abzuraten. Bis zu drei Jahre kann und muss hier in enger Verwandtschaftszucht gearbeitet werden. Sowohl beim Hahn, als auch mit den Hennen. Wichtig ist -und dies zeigt sich immer wieder- ein guter Wuchs primär beim Zuchthahn. Küken, die sich nur schleppend entwickeln, müssen sofort selektiert werden. Oft schließen sie in der Endgröße wieder auf oder werden sogar noch gute Ausstellungstiere. Sich von solchen Tieren blenden zu lassen, würde eine Mohrenkopfzucht in kürzester Zeit seiner Vitalität rauben. Generell ist eine 1,1 Verpaarung die beste und genaueste Zuchtmethode. Gerade bei den Mohrenköpfen kann so zügig ein/e schlechte/r Vererber/in ermittelt werden. Bei den Mohrenköpfen gibt es vor allem in den holländischen Linien immer wieder Hähne, die hennenfiedrig erscheinen. Sie haben nahezu keine Besichelung, sondern nur Steuerfedern wie die Hennen. Diese Tiere behalten ihre intensiven Köpfe, weshalb sie zur Zucht immer wieder Einlass bieten. Eulenbarthühner hennenfiedrig sind nicht zugelassen und werden im Schaukäfig herabgestuft. Ich hatte in meiner Zucht über die Jahre allerdings noch kein Tier mit diesem Merkmal. Da Mohrenköpfe aber nicht nur auf die Namensgebenden Kopfpunkte reduziert werden sollten, spielt das Mantelgefieder, das quasi als Kontrastprogramm dient, eine entscheidende Rolle. Möglichst rein im weiß bringt das Farbspiel zwischen hell und dunkel die Tiere erst richtig zur Geltung. Oft neigen vor allem die Hähne dazu, in der letzten Feder einen mehr oder weniger gelben Anflug auszubilden. Bis zu einem gewissen Grad sollte er toleriert werden. Eine maisfreie Fütterung, ein gut beschatteter Auslauf und eine ständige Selektion auf dieses Merkmal, ist für diese Farbvariante unerlässlich. Etwas schwarze bis graue Einlagerungen am Federende sind vor allem für die Zucht eine nicht zu unterschätzende Farbreserve. Gerade im oberen Brustbereich ist der Übergang vom dunklen Kopf zum hellen Bauch mit mehr oder weniger saumartiger bis halbmondförmiger Endzeichnung zu tolerieren. Tiere mit schwarzen Köpfen und reinweißen Mantelgefieder findet man auf diversen Zeichnungen wieder. In der Zucht ist diese klare und harte Trennung der Farben aber nicht umsetzbar. Das beste Beispiel sind die Zeichnungsvarianten in der Nachzucht.


Von links: Silber schwarz getupft, überzeichneter Mohrenkopf, zu wenig Kopfzeichnung, Weißling

Die fast weißen Tiere haben keine schwarzen Köpfe mehr. Überzeichnete, ja fast zu silber-schwarz getupft neigende, zeigen die intensivsten Köpfe. Sollte ein Hahn eine dunkle Steuerfeder oder auch Sichel vorweisen, ist das nicht verwerflich. Gerade was die Bewertung anbetrifft, sollte mit viel Fingerspitzengefühl an die Tiere herangegangen werden. Außer einiger weniger Sonderrichter bekommen sie die meisten Preisrichter vielleicht, wenn überhaupt nur einmal im Leben in ihre Hände.

Ein Beitrag von Gerold Kellermann