Um den Ursprung der Paduaner Hühner, bzw. ihrer Ahnen, gibt es viele wilde Spekulationen und Mutmaßungen, jedoch nur wenig wirklich fundierte Fakten. Was mit Sicherheit auch zu manchen Unklarheiten beigetragen hat, sind die unterschiedlichen Namen der Paduaner und ihrer Vorfahren, die erst auf dem dt. Geflügelkongress 1869 in Dresden beseitigt wurden.
Bis dahin gab es lokale Bezeichnungen wie das Hamburger Prachthuhn und das Polnische Prachthuhn, in Italien nannte man die Hühner Paduaner (Padovana) und in Holland war es das Nederlandse Baardkuifhoenders, auch von einem Hamburger Schleierhuhn wird berichtet. Erschwerend kam hinzu, dass vor dem o.g. Geflügelkongress die Übergänge von verschiedenen Haubenhuhnrassen recht fliesend waren und so nicht immer zweifelsfrei klar ist, von welcher Rasse in der Vergangenheit geschrieben wurde. Brabanter und Paduaner wurden beispielsweise oft nicht unterschieden. In der GB 21/2010 konnte man lesen „Paduaner sind uralt“ und dass sie eine „Unklare Geschichte“ besitzen. Aber dann führt die Autorin weiter auf, dass die Paduaner von russischen Haubenhühnern abstammen..
Hühner in Ornithologiae Libri XIV. – De Gallinis Pataunis |
Viele andere gehen auch von einer Herkunft aus Osteuropa aus, woran Ulisse Aldrovandi (ital. Arzt und Naturforscher 1522-1605) nicht ganz unschuldig ist. In seinem Werk über Hühner in Ornithologiae Libri XIV. – De Gallinis Pataunis, berichtet er, das durch den ital. Arzt und Astronom Dondi del`Orologio erste Exemplare von Polverara Hühner aus Polen nach Italien kamen. Auch B. Düringen verweist in seinem Werk auf die Abstammung aus dem Osten. Laut Düringen sollen die Hühner schon im 14. Jahrhundert in Deutschland bekannt gewesen sein. Und wie schon erwähnt berufen sich dann auch weitere Autoren der „Jetzt-Zeit“ auf diese Hypothesen.
Aber ich will mich nicht auf Quellen verlassen, die sich auf andere erlassen hatten, sondern ich möchte einmal die neuesten Ergebnisse archäozoologischer Befunde berücksichtigen und somit etlichen nichtbelegbaren Behauptungen der so genannten Experten klar widersprechen!
Papyrus Artemidor, datiert um 10 n Chr., aus Alexandria |
Schädelknochen aus der Ausgrabung von Trier um 394 n. Chr |
Ein weiteres sehr interessantes Artefakt über Haubenhühner befindet sich im „Il Museo Pio Clementino“ – Vatikan Museum Rom, das eine Statue eines Haubenhuhnhahns aus dem 1-4 Jahrh. n. Chr. zeigt (G.Spinola/Archiv LH, NL). Da sich Hühnerknochen über die Jahrhunderte nicht gut erhalten, aber diese vermehrte Ansammlung von Funden aus dem Zeitraum um ca. 300 n. Chr., widerlegt für mich etliche alte Thesen über die Herkunft unserer Paduaner.
Statue eines Haubenhuhnhahns aus dem 1-4 Jahrh. n. Chr. zeigt (G.Spinola/Archiv LH, NL) |
Haubenhühner gab es also schon lange vor Aldrovandi und waren wohl auch nicht nur eine örtliche Mutation im damaligen Russland. Erste Ururahnen – ob als zufällige Mutation – sind demnach schon gleich zu Beginn unserer Zeitrechnung in Erscheinung getreten und waren schon im 3./4. Jahrhundert über weite Teile Europas verbreitet. Warum sie aber die nächsten Jahrhunderte nicht in Erscheinung traten und erst fast wieder 1000 Jahre später vermehrt auftraten, bedarf noch einer zukünftigen Klärung. Es gibt noch weitere Funde aus Abfallgruben, von Skelettköpfen im spätmittelalterlichen Rostock und Magdeburg [Kinzelbach 2010]. Interessanterweise ergab ein Vergleich von Prof. Dr. Kinzelbach, dem ein mir befreundeter Paduanerzüchter einen Schädelknochen eines heutigen Paduanerhahns zur Verfügung stellte, dass die Skelettknochen aus Magdeburg bzw. Rostock identisch sind mit den heutigen Schädelknochen. Auch aus Stadtkerngrabungen in Göttingen (datiert Anfang 15 Jahrh.) und Höxter (dat. Anfang 17 Jahrh.) fand man unter den Hühnerknochen der Abfallgruben [8. Arbeitstreffen der Osteologen, Konstanz 1993], je einen besonders herausragenden Schädelknochen mit den blasig aufgetriebenen, dünnwandigen und porösen Merkmalen der Protuberanz. Ein weiterer Schädelknochen der Göttinger Funde weist eine geringere Penetranz der Vorwölbung auf was auf eine variable Penetranz dieses Merkmals hindeutet. Auch in Braunschweig wurde bei Ausgrabungen ein Schädelknochen mit dem typischen Merkmal der Haubenhühner gefunden. Sehr interessant ist die Datierung des Braunschweiger Knochens auf Anfang des 14. Jahrhunderts [Oehlmann 1989,277]. Im weiteren Verlauf gibt es dann die von vielen Autoren bereits genannten div. Gemälde z.T. Vorfahren unserer Haubenhühner -wirklich schon sehr alt und- es ist für mich eher unwahrscheinlich, dass die Haubenhühner aufgrund von zig lokalen Mutationen entstanden. Ob die Zucht damals schon planmäßig betrieben wurde oder nur rein zufällig erfolgte, ist nach beiden Seiten rein spekulativ. Jedoch wurde schon bei den alten Ägyptern systematische Tierhaltung betrieben.
Was ich persönlich, auch aufgrund meiner heutigen Erfahrungen für eher wahrscheinlich halte, ist das in verschiedenen Epochen Haubenhühner aus dem persischen – indischen Raum in die div. Länder Europas kamen. Dort aber in Vergessenheit gerieten und nur auf einigen wenigen Gehöften gehalten wurden. Als Beispiel kann ich hier nur die Eulenbart (Mohrenköpfe) Hühner anführen, die als ausgestorben galten, bis sie zufällig bei einem Landwirt in Nordholland wiederentdeckt wurden, der sie zum Verkauf angeboten hatte.
Ein Beitrag von Erich Arnold
Herzlichen Dank für den interesanten Beitrag und das anschauliche Bildmaterial.